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Unsere zweite Mauerseglerstunde

Eine Woche später fand schon die zweite Unterrichtsstunde statt. Die Schüler warteten schon gespannt darauf, worüber wir diesmal miteinander sprechen würden. Als erstes löste ich mein Versprechen ein, ihnen Bilder von meinen Tieren mitzubringen. Sie freuten sich besonders über den "Bazibua" und erhielten selbstverständlich die Erlaubnis die Tierbilder in ihrem Klassenzimmer aufhängen zu dürfen.

Zur Wiederholung unserer ersten Stunde las ich ihnen meinen für die Mauersegler-Homepage angefertigten Text über unsere erste Mauerseglerstunde vor. Damit wiederholte ich gleichzeitig ihre an mich gestellten Fragen. Jeder von ihnen hoffte natürlich, dass seine Frage als erstes beantwortet würde. Dennoch war die Enttäuschung nicht allzu groß, als ich erklärte, dass ich im Laufe der Zeit wirklich alle Fragen bearbeiten würde, jedoch in einer Reihenfolge, die ich für sie am Besten hielt.

Zur Erinnerung an unser Hauptthema heftete ich die "Vogelwolke" noch einmal an die Tafel mit den Worten, dass heute Hasans Frage beantwortet würde, der wissen wollte:

Wo hält sich der Mauersegler auf, wenn er nicht in Regensburg an unserer Schule ist?"

Wolke
Hauptthema: Der Mauersegler
Plakat
Heute: Er ist ein Zugvogel

Nach einigen mehr ratenden Versuchen der Kinder Hasans Frage zu beantworten, hängte ich ein großes, noch unbeschriftetes Plakat daneben. Und bevor ich noch fragen konnte, was denn darauf zu sehen sei, rief Robin: "Das Rot-gelbe ist Afrika!" Sofort wurde das Wortschild dazu angeheftet und weiter nachgefragt: "Und wer kennt die Länder darüber?" Wir kamen zu dem Ergebnis, dass dies wohl Teile von Europa sind. Schon bei meiner nächsten Frage "Wer erkennt ein Land?" rief einer der Buben, nämlich Mehmet: "Das wie ein Stiefel ausschaut, das ist Italien". Und was wie ein "Kopf mit Gesicht " aussah, entpuppte sich mit Hilfestellung als Spanien. Den "Rest" erkannte man dann als Frankreich und Deutschland. Besonders Carnsel war enttäuscht, dass nicht ihr Geburtsland abgebildet war. Aber uns interessierte ja nur die Route unserer Mauersegler, wie ich ihr dann schnell erklärte:

Es gibt allgemein zwei Flugrouten:

Die erste Möglichkeit der Vögel war Route 1, also vom warmen Afrika übers Mittelmeer nach Italien. Von dort aus mussten sie über die schwer zu überquerenden hohen, verschneiten Alpen, um dann ihre einzelnen Wohnorte anzufliegen. Diese Route war möglich, aber auch gefährlicher. Zur besseren Veranschaulichung heftete ich ein kleines Plakat als Merkhilfe an die Tafel.

Route 1  Herrmann  Herrmann
Klein-Herrmann, der die Flugroute 1 per Flugzeug ausprobierte

Zur Auflockerung erzählte ich den aufmerksam lauschenden Kindern unser erstes, aufregendes Erlebnis von Klein-Herrmann, der seine Rückkehr auf dieser Route in einem Lufthansa- Flugzeug über Italien nach Afrika zurückgelegt hatte. Das ganze, äußerst aufregende Ereignis ist nachzulesen in dem Bericht von 2004 "Unser zweiter Mieter war ein Mauerseglerpaar"

Am Ende der Frage-Antwortrunde kamen wir zu folgendem Ergebnis:

Route 2
Flugroute 2

Unsere Regensburger Mauersegler bevorzugen wohl mehr die Route 2: Von Südafrika bis Nordafrika. Dann von dort nach Spanien über Frankreich in Richtung Rhein (Grenzfluss zwischen Frankreich und Deutschland).

Hier verteilen sie sich über Mitteldeutschland und ein Teil der Vögel fliegt über Würzburg in Richtung Regensburg. Das wusste ich inzwischen so genau, weil ich im Laufe meiner langen Beobachtungszeit Telefonkontakte geknüpft hatte und Jahr für Jahr informiert wurde, wo die Vögel sich befanden. Ich wusste deswegen wann sie in Frankreich erschienen. Ebenso zu welcher Zeit sie den Rhein überquerten und wie viel kurze Zeit später sie in Würzburg ankamen. Wenn ich den Anruf meiner Tochter erhielt "sie sind da" war dies das sichere Zeichen für die 1-2 Tage spätere MS-Ankunft in Regensburg.

Selbstverständlich durfte anschließend keinesfalls die Beantwortung der Fragerunde fehlen.

Hier einige der wichtigsten und interessantesten Fragen:

Hasan beschäftigte der Orientierungssinn der kleinen Vögel: "Wie finden die Mauersegler immer wieder ihren Weg nach Afrika und wieder zu uns zurück?" Sein Klassenkamerad Dennis vermutete, dass sie eben ein tolles Merk - und Speichergedächtnis hätten. Nach einigen Überlegungen glaubten einige die Lösung dafür zu haben: Das käme sicher davon, weil die jungen Mauersegler vielleicht zusammen mit ihren Eltern diese Flugstrecke Jahr für Jahr hin und her flögen und deswegen sich den gewohnten Weg eben einprägen könnten! Das klang zwar logisch und traf auf uns Menschen zu, aber diese Erklärung konnte ich gleich verneinen. Denn es war bekannt, dass die Jungen ab dem Verlassen des Nestes eigenständig sind, d.h. sie führen von dem Zeitpunkt des Verlassens ihrer Eltern ein völlig eigenes Leben und fliegen somit von ihren Eltern völlig unabhängig nach Afrika.

Robins Verdacht war, dass sie sich vielleicht nach dem Klima richten; also vom warmen Afrika ins kühlere Deutschland fliegen würden und bei der Rückkehr eventuell umgekehrt. Dazu konnte ich ihnen eigentlich nur sagen, dass man das noch nicht weiß. Sicher ist, dass die Vögel ihre Route mit Hilfe der für Vogelaugen wahrnehmbaren, verschiedenfarbigen Magnetfelder der Erde finden. Wie das genau vonstatten geht, könnte ich ihnen leider nicht erklären. Man ist ja gerade erst dabei den Mauersegler zu erforschen. Deswegen hat man im oberen Bereich des Mauerseglerrückens, zwischen beiden Flügeln, einen kleinen Sender befestigt und wird heuer - nachdem sie jetzt fast alle zurückgekehrt sind - dessen Ergebnisse auswerten können. Vielleicht könnte ich ihnen davon etwas erzählen, wenn ich von den Mauerseglerforschern im Laufe dieses Jahres mehr erfahren würde.

Die nächste Frage stellten wieder die Buben: " Wie kann er denn so lange Strecken zurücklegen? Irgendwann muss er ja auch mal eine Pause machen bei so einer weiten Strecke!"

Da hatten die Schüler - ohne es zu wissen - etwas sehr Wesentliches gefragt. Und staunend hörten sie, dass ein Mauersegler sich ja nicht - wie andere Vögel, wenn sie müde sind - zum Ausruhen auf einen Ast setzt. Sein ganzes Leben hält er sich in der Luft auf! Nur wenn er bei uns nistet, kann sich im Nistkasten ausruhen. In der übrigen Zeit fliegt er. Wenn er müde ist, schläft er als einziger bis jetzt bekannter Vogel innerhalb seiner Vogelgruppe in der Luft. Und das in einer beträchtlichen Höhe bis zu 3,5 km! Soweit ich weiß, verringert er dabei seine Fluggeschwindigkeit, segelt mehr und ist still und stumm. Letzteres leuchtete den Kindern ein, denn sie hielten ja auch ihren Mund während des Schlafens.

Diskussionsrunde  Diskussionsrunde
Lebendige Diskussionsrunde

Leider ging die Stunde dieses Mal schneller, als die Schüler es wollten vorbei. Schnell erhielten sie noch ein Arbeitsblatt mit dem Auftrag es anzumalen nach der Plakatvorlage. Es hatte schon zur Pause geläutet, aber dennoch begannen die meisten diese Hausaufgabe trotzdem schon zu beginnen.

Na, was werden sie tun, wenn ich ihnen in der nächsten Stunde eine Überraschungsbastelei mitbringe?

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Stand: 29.06.2011 23:10
Mauersegler