../../../

Unsere dritte Mauerseglerstunde

Diese Stunde verlief eigentlich ganz anders als ich sie geplant hatte. Sie sollte mit dem Vorlesen des Berichtes unserer zweiten Unterrichtsstunde beginnen, daraufhin das Ausfüllen des Arbeitsblattes erfolgen und zum Abschluss das Basteln eines eigenen Papiermauerseglers stattfinden.

Die Homepageseite war also zur Hälfte vorgelesen, ab und zu unterbrochen von einigen Fakten, die noch genauer erklärt werden mussten. Diese Wiederholung des Mauerseglerstoffes der zweiten Stunde war zwar etwas zeitaufwändig, für die Schüler jedoch wichtig. Sie ermöglichte mir festzustellen, was die Kinder behalten hatten und was noch vertieft werden musste.

Weit kam ich am heutigen Tag mit dieser Methode nicht, denn am Fenster des Klassenraumes flogen - plötzlich und überraschend - direkt zwei stattliche Mauersegler vorbei. Mit ihren lauten "Sriehh- Srieeeeeh-Rufen" erregten sie natürlich sofort die Aufmerksamkeit der Schüler. Den beiden folgte unmittelbar ein kleiner Schwarm kleinerer Mauersegler. Mit wildem Geschrei drehten sie ebenfalls im Großen Pausenhof eine Runde nach der anderen, direkt vor unseren Schulfenstern und waren verständlicherweise interessanter zu beobachten als dem Lehrer zuzuhören!

Ich packte sofort die Gelegenheit beim Schopf, unterbrach den Homepagevortrag und erzählte den aufgeregten Schülern ein wenig über dieses Mauerseglerverhalten:

Mauersegler
Ist das vielleicht Familie Martinet?

Die zwei großen Mauersegler könnten eigentlich die Altvögel aus dem Besonderen Nistkasten sein, der fast genau über eurem Klassenfenster hängt. Außerdem sah ich zufällig, dass sich diese Vögel - sagen wir mal - sich von oben herunter an eurem Fenster vorbei fallen ließen, was meine Vermutung noch mehr verstärkt. Älter sind sie auch; denn wenn ihr sie genau beobachtet, seht ihr, dass sie jetzt ganz ruhig und besonnen ihre Kreise über dem Großen Pausenhof ziehen. Dabei fangen sie sicherlich Fliegen und allerlei Getier, das in der Luft fliegt. Kaum hatte ich dies gesagt, als erneut ein Schwarm kleinerer Mauersegler mit wildem Geschrei an unseren Fenstern vorbeizog. "Das sind die jungen Mauersegler vom letzten Jahr. Wir nennen sie "unsere Halbstarken", erklärte ich weiter. Die brüten heuer bestimmt nicht, sondern erfreuen sich ihres Lebens, üben das Fliegen und werden sozusagen erwachsen. Nächstes Jahr kommen sie aus Afrika wieder zu uns zurück, finden eine schöne Mauerseglerin und brüten dann vielleicht hier in einem unserer 64 Nistkästen.

Leicht war es nicht nach diesem "Spektakel" die Kinder wieder zum Zuhören zu bringen. So knüpfte ich gleich wieder an diese im Schulhof kreisenden Mauersegler an und beantwortete damit gleichzeitig Mehmets Frage "Was und wie fressen Mauersegler?"

Mauersegler ernähren sich von allem, was sie während ihres Fluges erwischen und in der Luft fliegt. Das können zum Beispiel Fliegen, Spinnen, Käferchen, kleine Schmetterlinge sein. Man glaubt kaum wie weit sie ihren kleinen Schnabel aufsperren können und damit einiges in ihrem Kehlsack sammeln. Ich habe gelesen, dass das oft - vor allem bei Windstille und bei gutem Fangwetter - nicht länger dauert als eine halbe Stunde. Und was noch unglaublicher ist: Ein Vogel vermag an einem Tag für sich und seine Jungen bis zu 20 000 Insekten oder andere Kleintiere zu fangen, also ca. 40 bis 45 Gramm Futter. Ihr seht also, dass wir Menschen sehr von den Mauerseglern profitieren. Denn alles was sie fangen, ärgert uns Menschen nicht mehr und kann uns nicht stechen oder beißen. Wir merken uns also: Ein Mauersegler fängt alles, was er in der Luft erwischen kann, sei es um seinen oder den Hunger seiner Vogelkinder zu stillen oder sei es auch, um etwas zu finden, was er zum Nestbau gebrauchen konnte.

Da ich merkte, dass die Aufmerksamkeit der Kinder nach diesem theoretischen Input etwas nachließ, erzählte ich ihnen die aufregende Geschichte von einem ihrer Lehrer, der im Nachbarzimmer ihres Klassenzimmers einen Mauersegler rettete. Der Vogel glaubte etwas ganz Tolles für seinen Nestbau gefunden zu haben. Was dann geschah, das könnt ihr nachlesen auf der Mauerseglerhomepage unter Mauersegler in Not.

Danach meinte ein Schüler, dass es schade sei diese tollen Vögel nicht näher betrachten zu können. Dem konnte ich abhelfen. Blitzartig holte ich vorsichtig eine geheimnisvolle Schachtel aus meinem Koffer und zeigte ihnen einen ausgestopften Mauersegler mit ausgebreiteten Flügeln. So konnten sie mit einem Blick sofort die überraschende Spannweite seiner Flügel sehen und erkennen, dass sie weiter war als z.B. bei einem kleinen Wellensittich. Zu Hause hatte ich extra zu Hause nachgemessen, um etwaige Fragen beantworten zu können. Als ich allen erklärte, dass sie bei diesem Vogel über 30 cm betrug, hörte man nur ein überraschtes "ahhh".

Krallen  Spannweite  Unterseite
Die große Flügelspannweite des ausgestopften Mauerseglers wird von oben und von unten bestaunt

Ein paar Schüler baten mich den Vogel anfassen und streicheln zu dürfen. Das musste ich ihnen leider abschlagen. Denn Kinderhände sind nie trocken, auch wenn man dies meint und sie vorher noch besonders abwischt oder abwäscht. Die Handfeuchtigkeit könnte sich nämlich negativ auf das ausgestopfte Präparat auswirken. Zum Trost gelang es mir sie schnell mit einem Arbeitsblatt abzulenken und zu vertrösten: "Ich habe für euch gestern noch ein besonderes Blatt gemacht. Darauf ist ein Mauersegler abgebildet, den wir oder eure Lehrerin mit euch basteln wollen. Dann hat jeder seinen eigenen Mauersegler, den er sogar fliegen lassen kann mit Hilfe eines auf seinem Rücken befestigten Fadens".

Schachtel  Bastelvorlage  Bastelvorlage
Was ist in der geheimnisvollen Schachtel? Das Arbeitsblatt und der Papiermauersegler zum Basteln.

Zum Schluss der Unterrichtsstunde gab es noch eine besondere Überraschung für alle zukünftigen Mauerseglerexperten: Zuerst muss ich aber erst überprüfen, ob ihr sie euch heute wirklich verdient habt! Zeigt mir flink, ob die Hausaufgabe von allen erledigt wurde! Wenn ja, dann kommt meine Überraschung!" Sofort hielten sämtliche Schüler ihre Arbeitsblätter hoch. Alle waren sauber und zuverlässig ausgefüllt. Somit war meine Bedingung erfüllt und sie durften sich ganz leise anstellen und ihr Klassenzimmer verlassen. Denn in diesem Raum konnte ich ihnen meine Überraschung nicht zeigen.

Hausi erledigt  Aufstellen
Hausaufgaben erledigt, dann können wir uns aufstellen und zum Überraschungsort gehen!

Leise wie die Mäuslein verließen die Kinder ihren Gang und gingen in Richtung Grundschule. Dort blieben sie auf meine Anweisung vor dem Flachbildschirm stehen, den wir Ende Februar dort aufgehängt hatten. Ich schaltete ihn ein und tatsächlich konnten wir Vater und Mutter Martinet im Nest bewundern. Die Mauerseglerin saß auf ihren zwei Eiern; wobei ich gleich erzählen konnte, dass das zweite Ei noch nicht einen Tag alt war. Vorne, an der Starensperre, saß Vater Martinet und schaute hinaus, wie sich das Wetter entwickeln würde. Kam die Sonne noch heraus oder nicht?

Flachbildschirm
Der gesponserte Flachbildschirm
Flachbildschirm
Die glückliche Familie Martinet

Als Krönung und Abschluss dieser nun doch etwas länger dauernden Unterrichtsstunde, konnten die zukünftigen Mauerseglerschützer sogar noch eines der Eier sehen, als die Mauerseglerin sich drehte, um die Eier von allen Seiten zu wärmen.

Da sie auf dem Flachbildschirm nur eine unserer beiden Familien beobachten konnten, beschlossen Frau Weininger und ich mit ihren Schülern das nächste Mal in den PC-Raum zu gehen, um dort beide Nester auf dem PC-Schirm beobachten zu können.

weiter

Stand: 29.06.2011 23:12
Mauersegler