Ins Abseits

Am Abend des 12.Juli schreibt uns Eva, dass sie jetzt auch kein Küken mehr im "Kunstnest" sehen könne, was Susanne am 13. Juli als schon am Mittag des 12.Juli festgestellt einträgt. Und damit hatten beide leider recht!

Was war an diesem 12.Juli im Kunstnest passiert?

Genau wie am Vortag, so verlief auch an diesem Tag die Zeit bis zum Mittag mit mehrfachem Wechsel zwischen Aufenthalt des einzigen Altvogels bei seinem Küken und außerhalb der Höhle , wobei zwei seiner Ausflüge jetzt an etwa eineinhalb Stunden reichten.

Kurz vor 13.21 Uhr verlässt der Altvogel erneut die Höhle, und ohne erkennbaren besonderen Grund beginnt das Küken zunehmend an den unten links im Bild befindlichen Nestrand zu geraten und verschwindet mehr und mehr aus unserem Blickfeld, bis nur noch ein winzig kleiner zuckender Teil seines Körpers in der untersten Bildecke zu erspähen ist, der auch nur dann auffällt, wenn man die Fünf-Sekunden-Takt-Bilder erneut filmartig schnell vorbei ziehen lässt.

Bild 1
Und noch ein Abschiedsbild
Bild 2
Noch gerade erkennbar, das Küken

Um 13.41.10 Uhr ist auch der letzte Rest an Sichtbarkeit verschwunden. Auffällig bleiben allein noch ein paar sich wiederholende schattenhafte Verdunkelungsreflexe im gesamten Höhlenbereich, die wohl durch eine irgendeine vorübergehende Teilverdeckung in Fluglochnähe entstehen, vielleicht durch Andocken eines Vogels außen am Flugloch. Sie fallen aber wesentlich schwächer aus, als wenn z.B. ein Vogel ein- oder ausfliegt, wobei immer zu bedenken ist, dass in den jeweils fünf Sekunden, die zwischen zwei Bildern liegen, natürlich viel Ungesehenes passieren konnte. Hervorzuheben wäre in diesem Zusammenhang noch, dass während des gesamten Vorgangs, bei dem das Küken in die Ecke abrutscht, bis hin zu seiner völligen Unsichtbarkeit, keinerlei Lichtveränderung in der Höhle anzeigt, dass das Kleine von einem Flugloch-Eindringling nach und nach aus dem Bild und der Höhle heraus gezogen wurde.

Bild 3
Aber jetzt völlig verschwunden
Bild 4
Erregte Suche in allen Ecken

Um 14.52 kommt der Altvogel zurück. Erregt beginnt er sofort, alle Ecken zu durchsuchen. Er sieht sein Küken dabei offensichtlich ebenso wenig wie wir. Dabei konzentriert er sich nicht besonders auf den Bereich unten links, wo ein Teil des Kleinen zuletzt zu sehen war. Auch in der Folgezeit widmet er diesem Platz keine vermehrte Aufmerksamkeit mehr.

Als er später, nach längerem Außenaufenthalt, wieder in die Höhle zurückkehrt (wenn er es denn ist, der da kommt, und nicht ein anderer!), zeigt er sich wesentlich ruhiger und ausgeglichener. Bevorzugt sucht er für längere Ruhephasen den rechten rückwärtigen Teil des von der Kamera erfassten Raumes auf, den Kopf zur rechten Rückwandecke abgewandt und wieder so gar nicht dorthin konzentriert, wo das Küken verschwand. Und so bleibt es auch während seiner nachfolgenden Aufenthalte in dieser Höhle des "Kunstnestes".

Es gibt also keinerlei Anzeichen dafür, dass sich das Küken zu dem Zeitpunkt noch irgendwo in der Höhle befand, jedenfalls nicht lebend, auch wenn Arlet Wills das noch in zwei Gästebucheinträgen, und zwar am 13. und 21.Juli, als Möglichkeit sah. Und wenn die angesprochenen Schattenreflexe auch zu schwach ausfielen, um als Zeichen eines Flugloch-Eindringlings gedeutet werden zu können, der sich das Küken aus dem Eingangsbereich heraus geangelt haben könnte, so bestand eine solche Möglichkeit ja immerhin ausreichend in den vielen, jeweils fünf Sekunden dauernden "Sendepausen" zwischen zwei Bildern!

Und was ist mit der Möglichkeit, dass der Winzling vielleicht wegen der Wärme in der Höhle von der in Fluglochnähe erträglicheren Temperatur angezogen aus dem Kasten herausgefallen sein könnte? Zwar war seine Bewegungsfähigkeit für die wenigen Lebenstage schon recht beträchtlich, aber stark zu vermuten ist, dass er die Hürde der Stufe von der Höhlengrundfläche herauf zur Unterkante des Fluglochs wohl doch noch nicht überwinden konnte. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass es nicht doch die Hitze im Kasten war, weswegen sich das Küken überhaupt aus der Nestmulde heraus begab und so überhaupt erst in den gefährlichen Bereich des Fluglochs kam.

Der übrig gebliebene Altvogel erlitt an diesem 12. Juli also offenbar seinen dritten Verlust innerhalb dieser Brutsaison 2014, zuerst die Hälfte des Geleges durch eine neugierige Spätzin, dann den Brutpartner und am Schluss noch sein erst wenige Tage altes Küken.

Nun fragt sich, was uns die Webcam-Aufnahmen darüber verraten, auf welche Art und Weise dieser Altvogel mit seiner Situation weiter umgeht. Eine Antwort auf diese Frage wird im Folgenden beleuchtet.

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Stand: 31.07.2015 14:48
Mauersegler