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3./4. Stunde: Beschreibung bekannter Vögel bzw. Kennenlernen neuer Vögel

In der vergangenen Woche hatten wir in allen Klassen die Körperteile eines Vogels kennen gelernt. Weiterhin hatten wir im Sitzkreis festgestellt, dass dies nicht ausreichen würde, um Vögel genauer zu beschreiben. Wir begannen unser Treffen diesmal, indem einige von mir gemalte Vögel an die Tafel geheftet wurden und ihre Namen genannt werden sollten. Egal ob Blaumeise, Kohlmeise, Rotkehlchen, Amsel oder Spatz, die meisten Zweitklässler konnten sie benennen anhand der Farbe des Federkleides. Jedoch den Vogel mit dem roten Bauch, den kannte keiner! Mein Vorschlag, dass dies wohl auch ein Rotkehlchen sein könnte, wurde sofort verneint mit dem Argument, er hätte ja keine rote Kehle sondern einen roten Bauch! Konnte den Zweitklässlern vielleicht das von mir mitgebrachte Wintervogelleporello helfen?

Leporello
Die Vorderseite des Leporellos vom Landesverband des Vogelschutzes
Leporello
Die Rückseite des Leporellos "Unsere häufigsten Wintervögel vom LBV

Schnell war der dort abgebildete Vogel gefunden. Alle und erkannten, dass es sich um den Gimpel oder Dompfaff, wie sein Zweitname hieß, handeln musste. Ich konnte ihnen noch berichten, dass ich zu Haus an meinem Vogelhaus tatsächlich zum ersten Mal in diesem Winter ein Dompfaffpärchen zu Besuch hatte. So etwas geschieht aber nur, wenn man Vögel im Winter unterstützt, da sie in dieser kalten Zeit meistens nichts zum Fressen finden.

Was wäre aber, wenn wir einen Vogel bestimmen wollten, der nicht darauf abgebildet war? Ein ganz schlaues Bürschchen meinte, er müsste seinen Großvater fragen. Der sei ein Vogelkenner und könnte ihm helfen. Auf meine Frage, wie er dem Großvater diesen Vogel denn beschreiben würde, erhielt ich zur Antwort: Einen Kopf, zwei Flügel etc. hätte ja jeder Vogel! Dann wusste er nicht weiter und die anderen konnten ihm auch keinen Rat geben. Lange wollte ich sie nicht zappeln lassen und löste die Ratlosigkeit auf: Es reicht nicht nur die verschiedenen Körperteile eines Vogels benennen zu können! Man muss dabei in jedem Fall noch etwas genauer hinsehen: Zum Beispiel, ob der Vogelschnabel spitz, dick, lang oder kurz war; wenn das nicht reichte dazu noch den Vogelkörper betrachten und entscheiden, ob er groß oder mehr klein war.

Da ich während unseres Gespräches alle Begriffe gleich an der Tafel mitschrieb und dementsprechende Zeichen dazu malte, konnten wir nach dieser Tafelerarbeitung unser neues Wissen gleich an den anderen auf der Tafel klebenden Vögeln ausprobieren; ich gab ihnen ein Beispiel: "Ich beschreibe euch zum Beispiel jetzt einen Vogel, den ihr nicht mit Namen kennt: Vielleicht erratet ihr ihn. Welcher Vogel ist das? Sein Schnabel ist dünn, spitz, kurz.! Sein Federkleid ist am Rücken und an den Flügeln blau, vorne an der Brust gelb! Der Vogel ist klein."

Während ich die Körperteile nannte, malte ich die genaueren Angaben ebenfalls daneben und schrieb das Adjektiv dazu. Schnell hatten sie die Meise erkannt und ebenfalls, dass man - um einen Vogel genau zu erkennen - also nicht nur Körperteile nennen können muss, sondern dazu noch ein paar genauere Angaben machen sollte. Ebenso machten wir das mit den anderen Vögeln, die an der Tafel klebten.

Einzelheiten  Einzelheiten
Vögel voneinander zu unterscheiden ist nicht leicht. Genauere Angaben helfen!

Wie bekommen wir jetzt aber Namen von Vögeln heraus, deren Abbildung wir nicht auf dem Leporello finden? Da half dann tatsächlich nur ein Vogelkenner und eine genaue Beschreibung des gesehenen Vogels.

Schnell hängte ich noch ein großes Plakat in ihrem Klassenzimmer auf, auf dem zumindest alle bekannten Wintervögel abgebildet waren. Während sie noch staunend diese wunderbaren Bilder betrachteten, teilte ich ein Arbeitsblatt aus, das sie mit ihrem Banknachbarn zusammen noch versuchen sollten auszufüllen. Damit ihnen dies leichter fiel, hatte ich auf einem Extrablatt zu jedem der ihnen schon bekannten Begriffe die dazu gehörigen verschiedenen wichtigen Körperteile hinzugefügt. Zum Beispiel interessierte uns beim Körper nicht nur der Rücken oder der Bauch (dick ,dünn), sondern ebenso seine Größe (zierlich, klein, mittelgroß...); nicht zu vergessen auch Einzelheiten des Kopfes (Schnabel, Augen...), des Schwanzes und ebenso die dazugehörigen Ständer.

Da die Schüler bislang prima mündliche Antworten gegeben hatten, traute ich es ihnen zu mit der schriftlichen Arbeit anzufangen ohne nochmals alles zu wiederholen. Als Hilfsmittel teilte ich schnell noch das vorbereitete Arbeitsblatt aus:

Bestimmungsblatt zur Hilfe von Vogelbeobachtungen
von (dein Name)
Vogelname:
Körpergröße groß, klein
Schnabel lang, kurz, dick, dünn
Federkleid Farbe: rot, blau, braun, grau, schwarz ...
Schwanz: lang, kurz, schmal, breit, gegabelt, Farbe
Ständer: lang, kurz
Zehen: groß, klein , mit starken Krallen
Nahrung: Fettfutterfresser oder Körnerfutterfresser
Besonderheit: auf dem Kopf ein Schopf, ein andersfarbiger Fleck ...
Ergebnis: Jeder Vogel sieht anders aus!

Ich war mir sicher, dass dieses Blatt ihnen beim Ausfüllen des Amselblattes helfen würde. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still und konzentriert arbeiteten die Zweitklässler an ihrem Auftrag. Und ich wurde tatsächlich nicht enttäuscht! Zwar bot ich ihnen an mich - falls sie sich nicht auskennen würden - jederzeit fragen zu dürfen, aber nur einmal wurde dieses Angebot in Anspruch genommen.

fleißig  Amselblatt
Erstaunlich gute Ergebnisse bei der Beschreibung eines vorgegebenen Vogels!

Wer nicht fertig würde, sollte es - wenn er es sich zutraute - im Laufe der Woche zu Hause fertig ausfüllen. Nur so konnte jeder gezwungenermaßen zukünftig einen Vogel genau bestimmen und lernte das sich nur kompliziert anhörende Verfahren zur Vogelbestimmung auch selbst anzuwenden. Ich würde es dann zu Hause korrigieren. Um es vorweg zu nehmen: Ich war sehr erstaunt, wie gut die Kinder aufgepasst hatten. Abgesehen von einigen kleinen Schreibfehlern war es jedem gelungen tatsächlich fast richtig die Amsel zu beschreiben! Weil sie aber fast alle damit fertig wurden, bekam jedes Kind als Belohnung persönlich auch das kleine Leporello mit nach Hause. Darauf waren ja alle wichtigen Wintervögel abgebildet, alle mit Namen und Beschreibung von einigen ihrer Besonderheiten versehen. Damit und deswegen konnten sie auch ihren Eltern einige Vogelrätsel stellen (was ich - wie ich in der nächsten Stunde erfuhr - auch tatsächlich gemacht haben, sehr zu ihrer und wohl auch der Eltern Freude!)

Auch bei den dritten Klassen verlief es ähnlich. Wir begannen mit der mündlichen Beschreibung der von mir angefertigten und bekanntesten Wintervögeln, die an der Tafel zu sehen waren.

Vogelplakat  Vogelplakat
Auch das Vogelplakat hilft nicht immer! Man muss Unterscheidungsmerkmale kennen!

Dabei erstaunte mich, dass beide dritten Klassen der Kreuzschule ausgesprochen sicher waren beim Erkennen der im Winter bei uns lebenden Vögeln! Blitzschnell waren alle Namenskärtchen verteilt! Nur das von der Kohlmeise fanden wir nicht. Ich hatte es wohl im Auto (als mir meine Tasche zu Boden fiel, verloren. Aber wozu hatten wir denn als Ersatz die Kreide! Meine neugierige Frage warum manche so gut und schnell Bescheid wussten, wurde von ihnen selbst beantwortet: Die einen berichteten, dass ihre Großeltern sie darauf aufmerksam gemacht hätten, andere wiederum hatten gut beobachtet, dass man das doch einfach an der Gefiederfarbe sehe: Grünfink heißt eben so, weil er grün ist; Blaumeise, weil sie einen blauen Kopf hat und Kohlmeise, weil sie oben am Kopf kohlschwarz ist. Das leuchtete auch den bislang unsicheren Klassenkameraden ein und ich bin sicher, dass es von nun an alle auch behalten würden! Nur der rot-schwarze Vogel war auch ihnen - wie den Zweitklässlern - bislang unbekannt und bereitete Schwierigkeiten. Verständlich, da man ihn ja weiß Gott nicht so häufig sah! Wie aber sollte man den Namen dieses Vogels herausfinden?

Ein Schüler meinte, man könnte ihn mit Fachbegriffen einem Vogelkenner beschreiben. Das war ein guter Vorschlag. Also schrieb ich auch ihnen einige wichtigsten Begriffe in Wort und bildlicher Darstellung an die Tafel. Anschließend versuchten wir zusammen den uns unbekannten Vogel zu beschreiben:

er ist ziemlich groß, kräftig und größer als eine Meise seine Brust ist leuchtend rot
hat einen schwarzen, dicken und kurzen Schnabel er hat lange Ständer
seine Flügel sind schwarz-grau sein Schwanz ist schwarz und lang
er ist ein wenig kleiner als eine Amsel, aber größer als eine Meise

Wir wussten zwar jetzt wie der Vogel genau ausschaut, aber immer noch nicht seinen Namen! Diese Methode half also nur, wenn man diese Beschreibung an einen Vogelkenner abgab. Der könnte dann den Namen kennen. Ich konnte den Schülern bestätigen, dass ich mit dieser Beschreibung, ohne den Vogel gesehen zu haben, ihn schon erkennen würde!

Ein ganz Schlauer meinte, dass man das vielleicht auch per Internet herausbringen könnte. Ich fand den Gedanken nicht so schlecht; aber ich dämpfte ihre Freude und machte allen klar, dass sie nicht jederzeit einen PC zur Hand hatten und auch nicht jeder von ihnen die Vorgehensweise beherrsche!

Fingerzeig  Wintervögelunterricht
Die angehenden Vogelfreunde haben das von mir Wintervögelplakat schon längst entdeckt!

Um nicht allzu viel Zeit zu verlieren, deutete ich stumm mit dem Zeigefinger in eine Ecke des Klassenzimmers. Dorthin hatte ich letzte Woche wortlos - für alle unbemerkt - ein sehr eindrucksvolles Wintervögelplakat vom LBV im Klassenzimmer aufgehängt mit dem Ziel für die nächste Stunde die Neugier der Kinder anzuregen. Das war mir ja wohl gelungen, denn einer in der Klasse hatte es sich doch anscheinend im Laufe der Woche sehr intensiv angeschaut und erinnerte sich nun ganz plötzlich an den gesuchten Vogelnamen des von mir gezeigten Vogels: "Es ist der Gimpel, auch Dompfaff genannt". Und er hatte tatsächlich das Rätsel gelöst und war sehr stolz darauf! Danach erhielten alle Drittklässler von mir ein weiteres Arbeitsblatt, das ihnen ebenfalls bei der Vogelbestimmung helfen sollte. Neu kam noch der Begriff "Nahrung" hinzu.

So war es jedem Schüler möglich mit wenig Aufwand einen Vogel genau zu beschreiben. Damit auch wirklich jeder sicher bei der ausführlicheren Vogelbeschreibung war und das sich kompliziert anhörende Verfahren dazu auch selbst anzuwenden konnte, probten wir das Ganze mündlich nochmals mit einigen uns schon bekannten Vögeln. Schneller als ich dachte, wurden auch von ihnen die Vögel erkannt und benannt. Natürlich musste sofort erklärt werden, woran man ihn erkannt hatte. Es kam heraus, dass es vor allem an der Farbe des Gefieders lag. Egal, die Kinder hatten nach einigen Übungsbeispielen "den Dreh" heraus und machten sogar mich manchmal sprachlos ob ihrer Schnelligkeit!

Eine besondere Methode, noch schneller und leichter als auf einem Plakat Vögel zu erkennen, wollte ich den Großen noch mitteilen. Ich zeigte ihnen deshalb eine ausgestopfte Amsel.

Amsel
Eine ausgestopfte Amsel
Vogelpräparate
Jetzt kennen wir schon eine Menge Vögel!

Absichtlich anders als bei den jüngeren Schülern zeigte ich ihnen auch noch einige Vögel mehr, die alle mal lebendig gewesen und jetzt ausgestopft waren, sogenannte ausgestopfte Vogelpräparate. Vielleicht würden sie dann den Vogel leichter oder besser erkennen können als auf einem Bild?

Gesagt, getan und gleich ausprobiert: Natürlich erkannten sie sofort die Amsel, nur einer widersprach (sehr zu meiner Verwunderung oder besser gesagt Bewunderung): "Nein, das ist keine Amsel, sondern ein Amselmann.!" Und er fügte hinzu: "Er hat nämlich einen gelben Schnabel!" Da gehörte natürlich wieder einmal ein großes Lob von meiner Seite und die Anerkennung vor der Klasse, dass er ja wohl sich schon länger für Vögel interessieren würde (was er ernsthaft nickend bestätigte!).

Für Skeptiker sei hier angefügt, dass ich ihnen dabei folgende Fakten erklärte:

"Bei meinen ausgestopften Vögeln, die ich euch zeige, handelt es sich aber nur um verunglückte Vögel! Ich habe nämlich in Schleswig-Holstein eine Freundin, die von Berufswegen Vögel ausstopfen kann und der ich schon manche Tiere gebracht habe. Sie hat gelernt Tiere sachgemäß zu präparieren und auf diese Weise haben diese wunderschönen Vögel noch eine Aufgabe nach ihrem Tod, nämlich uns ihre Schönheit zeigen zu können: Sie geben euch die Möglichkeit Bild und Natur direkt zu vergleichen. Und ihr könnt genau sehen und bewundern, dass sie auch noch nicht mehr lebendig ihre Schönheit uns zeigen.

Übrigens: Ich habe stets bemerkt, dass durch den Einbau von ausgestopften Präparaten Vögel besser bzw. leichter erkannt werden und sich intensiver bei Schülern einprägen! Somit können diese auch anderen, die jetzt nicht im Unterricht dabei sein können, sie leichter und besser beschreiben bzw. erklären. Dieser mehr anschaulichen Unterrichtsstunde würde in der nächsten Woche dann die schriftliche Festigung folgen. Den Drittklässlern teilte ich am Ende dieser Unterrichtseinheit ebenfalls das Leporello des LBV aus. Das durften sie behalten, da sie ja das große Plakat in der Schule lassen mussten. So konnten sie zu Hause stets nachschauen, wenn sie nicht mehr den Namen eines neu entdeckten Wintervogels gesehen hatten und ebenfalls darauf nachlesen, wie sie den Wintervögeln helfen könnten.

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Stand: 17.09.2013 20:41
Mauersegler